Frielinger Mühlenweg ohne Mühle?

Straßenschild
Mühlenhof um 1910
Wohnhaus heute
Tafel im Wohnhaus
Mühlstein vor dem Haus
Die Mühle (Vergrößerung)
Lage nordwestlich der B6

Frielinger Mühlengeschichte - hier ist die lange Version:

 

In vielen Ortschaften gibt es einen Mühlenweg oder eine Mühlenstraße, so auch in Frielingen. Aber wo ist die Mühle dazu?1

Die Anfänge der Frielinger Windmühle liegen in den Jahren 1806 bis 1813, als das Kurfürstentum Hannover unter Napoleon besetzt gewesen war. Johann Heinrich Düwell aus Frielingen erwarb am 5. Juli 1813 auf der so genannten Höhe bei Frielingen aus der Gemeinheit der Dorfschaft Frielingen ein Stück Land von einem calenbergischen Morgen Größe. Hier wollte er eine Bockwindmühle mit einem Mahlgang errichten. Möglich wurde der Kauf durch die freiheitlichere Handhabung im „Königreich Westfalen“ und die Person Düwels.

Mit dem Krug an der heutigen B6 hatten die Düwels seit 1748 viel Geld verdient und besaßen zuletzt vier Höfe.  Der Ökonom Düwell war von den 1803 einmarschierten Franzosen zum „Maire de Commune de Bordenau“ ernannt worden, zu der auch Frielingen gehörte. Ob Düwel ahnte, dass die „Franzosenzeit“ bald endet? Jedenfalls war die Mühle schon Ende 1813 fast fertig errichtet.

Als Frielingen wenige Wochen nach der Beendigung der Franzosenherrschaft durch die Preußen wieder zu Hannover gehörte, beantragte Düwell beim Amt in Neustadt die nun notwendige Genehmigung zum Betreiben der Mühle. 13 Jahre dauerten die Auseinandersetzungen, in der Neider (auf Düwels Erfolg), konkurrierende Müller in umliegenden Orten und politische Gegner des Franzosenfreundes Düwel mitmischten.

Nach Anhörung verschiedener Sachverständiger wurde besonders wegen der eintretenden Konkurrenz zu den Mühlen in Bordenau und Neustadt die Konzession versagt. Auch die Erwägung der Landesherrschaft wurde verworfen, Düwell das Mahlen von Graupen und das Ölschlagen zu gestatten, da er die Mühle nun unter großem Kostenaufwand bereits errichtet hatte. Da er die Mühle schon eigenmächtig gebaut habe, würde er dann wohl auch ohne Genehmigung Korn mahlen, meinte der Amtmann in Neustadt.

Düwell gewann die Frielinger Bauern für sein Interesse, die Mühle betreiben zu dürfen, beantragte im Oktober 1814 die Genehmigung, schloss 1817 mit einem Konkurrenten, dem Horster Müller Heidemann, einen Vergleich. Schließlich erreichte er im Jahre 1826 die Genehmigung zum Kornmahlen für Frielingen und Horst auf seiner nunmehr herrschaftlichen Erbenzinsmühle. Er hat auch ein Wohnhaus neben die Mühle gebaut, das in der nachfolgenden Zeit als Brinksitzerstelle Nr. 32 geführt wurde.

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Düwell hat in den Jahren nach 1826 wiederum eigenmächtig gehandelt und einen zweiten Mahlgang in seine Mühle eingebaut. Die Genehmigung dazu beantragte er nachträglich. Wiederum gab es große Proteste der Müller in den Nachbarorten.

Da das geltende Mühlenrecht, nämlich der Gandersheimische Landtagsabschied von 1639, nur die Anlage neuer Mühlen regelte, konnte nicht entschieden werden, ob Düwell rechtens gehandelt hat. Das Verfahren zog sich viele Jahre hin und Düwell ist darüber im März 1843 gestorben

Julie Düwell (geborene Klein) und die neun Töchter als Hinterbliebene traten das Erbe an. Sie hatten in Frielingen umfangreiche Besitzungen und offenbar noch weitere Ländereien in anderen Gemeinden. Zunächst verwaltete diese Erbengemeinschaft alles weiter. Die Mühle in Frielingen war für 200 Taler jährlich an den Müller Heinrich Seegers verpachtet. Seegers bewohnte die Brinksitzerstelle bei der Mühle auch bis zum Ablauf des Pachtvertrages am 1. Mai 1856.

Wie viele andere Mühlen war auch die Frielinger Mühle mit den Ablösungzahlungen im 19. Jahrhundert überfordert und nicht auskömmlich. Nach vielen Besitzerwechseln – ausführlich in der gedruckten Chronik – geht es im Jahre 1863 weiter.

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Der junge Müller Heinrich Heidemann aus der weit verbreiteten Müllerfamilie Heidemann hatte 1863 die Frielinger Mühle gekauft. Er wurde in Evensen geboren und heirate Eleonore Heidemann aus Ostermunzel: er stammt aus der ersten und sie aus der zweiten Ehe ihres gemeinsamen Großvaters Cord Heidemann.

Nach Eleonores frühem Tod heiratete Heidemann in zweiter Ehe „das Fräulein Dorette von der Schäferei Öhlschläger in Frielingen“, also Eleonore Doris Louise Sophie Oehlschläger. Heidemanns Schwiegervater war später lange Jahre Gemeindevorsteher.

Im gleichen Jahr baute Heinrich das alte Wohnhaus um und setzte einen neuen Stall und 1874 die Scheune neben die Mühle. Das neue Mauerwerk bestand aus gebrannten Ziegelsteinen, die sicher aus einer der jungen Ziegeleien in Berenbostel bzw. Garbsen stammten. Als einziges Kind wurde am 11. Oktober 1871 die Tochter Sophie geboren.

Zur jungen Frau herangewachsen lernte Sophie den Sohn Heinrich von der Schnapsbrennerei Niemeyer aus Osterwald kennen und heiratete ihn. Von Niemeyer ist bekannt, dass er des öfteren auf der Mühle zu tun hatte, um Schrot zu holen. Heinrich und Sophie bekamen drei Söhne. Aber weder sie selbst noch ihre Kinder führten die Mühle weiter. Der alte Müller Heidemann verpachtete die Mühle daher etwa um 1901 an den Müllergesellen Wilhelm Deiters aus Stelingen. Deiters hatte das Müllerhandwerk auf der Hahnenmühle in Osterwald gelernt und war bei Pachtantritt gerade 25 Jahre alt. 1906 gab er die Mühle wieder ab und zog mit seiner inzwischen 5-köpfigen Familie zurück nach Stelingen. Zwei Jahre hatte Heidemann die Mühle dann wohl wieder selbst betrieben, denn von einem sich unmittelbar anschließenden Pachtverhältnis ist nichts bekannt.[1] Erst 1908 pachtete Friedrich Hecht, ein gelernter Müller aus Steegen bei Danzig, die Frielinger Windmühle. Er war mit Dora Dühlnmeier verheiratet. 1920 kaufte er die Mühle samt Wohnhaus und Ländereien für 120.000 Mark auf. Einen Teil des Landes behielten Niemeyers. Sophie wohnte mit ihrem Mann bei den Schwiegereltern in Osterwald. Von dort wurde auch das verbliebene Land hinter der Mühle bewirtschaftet. Der alte Heidemann lebte vermutlich als Altenteiler im Wohnhaus bei der Mühle. Er starb circa 1922/23.

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Das große Mühlensterben im 20. Jahrhundert erfasste auch die Frielinger Mühle. Schon länger gab es pferdebetriebene Göpel auf den Höfen. Motorbetriebene Mühlen, erst recht seit der Elektrifizierung machten die Mühlen immer unwirtschaftlicher.

Bei einem großen Sturm rissen die Mühlenflügel ab und mussten repariert werden. Zwei Jahre später ist die Mühle abgebrochen worden, da das Holz verbraucht war und ein Neubau sich nicht lohnte. Die Scheune, die nördlich des Wohnhauses stand, stürzte 1970 ein. 1985 erwarben Hermann Hanebuth und seine Frau Marion geb. Grosser das Anwesen, die es auch heute noch zusammen mit Sohn Sascha bewohnen. Das Wohnhaus und der Zwischentrakt wurden baulich vollständig modernisiert, dabei auch Fachwerkteile hinzugefügt.

An die alte Windmühle selbst erinnert heute noch ein vor dem Wohnhaus aufgestellter Mahlstein. Auch die vier alten Fundamentsteine aus Buntsandstein (Abmessungen je ca. 40 x 40 x 100 cm), auf denen der hölzerne Mühlenbock einst ruhte, blieben erhalten. Der eigentliche Mühlenplatz befindet sich auf dem Grundstück, das heute der Baumschule Gänger gehört, und zwar einige Meter östlich eines dort errichteten Wirtschaftsraumes.

1 HStA Hann., Hannover 74 Neustadt Nr. 4400.

2 Siehe auch Kapitel 9.3. der gedruckten Chronik von 2001

 

Info zu Heidemann von Armin Heidemann

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[1]    Polizeiverordnung betreffend die Beschränkung des Gebrauchs des Gemeindeweges von Frielingen nach der Hannover-Nienburger Chaussee; Bestand im HStA Hannover unter Hann 174 NRÜ Nr. 422, Jahre 1907/­1908