Als der Kaiser nach Frielingen kam

Das Dorf erlebte im Kaiserreich einen lange nicht gekannten Aufschwung. Zwischen 1872 und 1913 wurden fünfzehn neue Wohnhäuser gebaut, die vor allem Handwerkern gehörten. Gearbeitet haben diese ersten Pendler in Berenbostel und Neustadt, aber auch bei Maurermeister Göhns im Ort oder bei Dyckerhoff in Poggenhagen. Ein typisches Haus dieser Zeit kostete zwischen 4.000 und 6.000 Mark. 1913 konnte man sich ein Wohnhaus mit kleinem Stallanbau für ca. 11.000 M kaufen.

Höhere Hektarerträge durch bessere Anbaumethoden und besseres Saatgut ließen die Einkommen der Landwirte steigen. Die Höfe wurden baulich modernisiert, sei es, dass gleich ein massives Steinhaus statt des alten Fachwerkhauses errichtet wurde, oder aber Platz für weitere Wagen, mehr Vieh, die größeren Ernteerträge geschaffen werden musste.

Jetzt erfolgte der erste wetterfeste Ausbau der Dorfstraße (1879–82) für 10.000 Mark. In die Nachbarorte konnte man ebenfalls seit dieser Zeit auf befestigten Wegen gelangen (1876 Otternhägener Str., 1879 Horster Str., 1884 Osterwalder Str.).1 Diese Verbesserungen waren mit enormen finanziellen Belastungen für das sich wandelnde Bauerndorf verbunden. Die eingetretene Entwicklung erforderte aber mehr Kontakte über das Dorf hinaus, d. h. vor allem modernere Verkehrswege, als sie die alte Landwirtschaft benötigt hatte.

Gemeindevorsteher Lödding sorgte 1912 für den Anschluss Frielingens an die Stromversorgung. Seine Progressivität verschaffte dem Ort noch ein kostenlos installiertes Ortsnetz. Nach und nach, die Fortschrittlichsten voran, ließen sich die meisten Hauseigentümer einen Anschluss legen. Nur die weiter entfernt liegenden Gebäude wie die mit den Nummern 32, 45 und 47 haben sich erst in den 1930er-Jahre anschließen lassen.

Im Sommer 1913 sorgte eine Ankündigung für Aufregung: Der Kaiser hatte am 20. Juni, einem Freitag, den Funkenturm Eilvese besucht. Ihm sollte auf der Rückfahrt im Automobil Richtung Hannover Ehre gezollt werden, indem an der vorgesehenen Fahrstrecke zum Teil die Schulkinder, in einigen Orten die Kriegervereine mit ihren Fahnen sowie die Reserve-Offiziere, in Neustadt außer den städtischen Kollegien natürlich der Landrat mit Kreisausschuss und Kreistag Aufstellung zu nehmen hatten.

Am Pflaster der Provinzialchaussee vor Frielingen sollten sich nachmittags zwischen vier und sieben Uhr der Frielinger Gemeindevorstand in Gesellschaft der Vorstände aus Osterwald o. E. und u. E., Horst, Meyenfeld und Bordenau sowie der Kinder aller umliegenden Schulen einschließlich Havelse, Garbsen und Stelingen einfinden. Dabei war „... ungewiß, ob seine Majestät überhaupt zu halten oder gar auszusteigen geruht, in den Ortschaften oder an gewissen Stellen wird er jedoch langsamer zu fahren ...“ befohlen haben.2

43 Jahre Frieden hatte Frielingen seit 1871 erlebt, doch der "Grande Guerre" hing 1914 drohend über Europa.

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1 NLA Hannover, Hannover 74 Neustadt Nrn. 4713, 4731, 4737, 4741 und 4748.

2 Kreisarchiv Neustadt.