Frielingen vor den „Agrarreformen“

Darunter verstand man ein Bündel von einschneidenden Maßnahmen der Regierung im 19. Jahrhundert. Ziel war eine produktivere Landwirtschaft im Königreich Hannover, aber auch eine sichere Versorgung von Land und Städten.

Maßnahmen ab den 1830er Jahren waren:

  • Ablösung der Pflichten der Bauern gegenüber den Gutsherren
  • Flurbereinigung
  • Aufhebung der Gemeinheiten, also der Wiesen, Forsten usw., die alle nutzen durften.
  • Grundstücke wurden frei verkäuflich. Viele verkauften ihre Stelle und wanderten aus
  • Gründung landwirtschaftlichen Banken, um die Ablösung oder den Kauf von Land und Höfen zu finanzieren
  • Wissenschaftliche Methoden etwa zur Düngung hielten Einzug in die Landwirtschaft
  • Schon 1750 war die Brandkasse gegründet worden, damit Bauern in Brandfällen nicht ruiniert sind und so der Gemeinde zur Last fallen

 

Nach den Napoleonischen Kriegen war Hannover wiedergegründet und vom Kurfüstentum zum Königreich erhoben. Die provisorische Regierungs-Kommission wollte ab 1815 einen Überblick über die landwirtschaftliche Produktion des Landes zu erhalten. So entstanden zahlreiche Ernteberichte, die Einblick auch über Missernte lieferten.

In der „Kleinen Eiszeit“ von 1520 und 1860, besonders zwischen 1550 und 1720, häuften sich Jahre, mit lokal begrenzten Unwetterkatastrophen und solchen auf der gesamten Nordhalbkugel. Oft gab es Kälte- und Nässeperioden in der Hauptwachstumszeit.[1] Dies war dramatisch, denn bei großflächigen Missernten konnten aus Nachbarregionen keine Nahrungsmittel herangeschafft werden.

Auch das 19. Jahrhundert begann mit einer auffallenden Kälteperiode. Deren Höhepunkt war das „Jahr ohne Sommer“ 1816.

Schon 1814 war in Frielingen die Buchweizen-, Hafer-, Stroh- und Roggenernte nur „mittelmäßig gut“ ausgefallen. An Heu konnte weniger als die Hälfte des Ertrages normaler Jahre in die Scheunen gefahren werden. Auch um die Kartoffeln stand es nicht gut. Weizen wurde in Frielingen noch nicht angebaut. Die Vogtei Basse berichtete an das Amt Neustadt, dass Getreide und Pferdefutter (Fourage) nur in Basse, Scharnhorst, Averhoy und Frielingen würden „bey möglichster Einschränkung“ bis zur nächsten Ernte reichen. In den übrigen sechs Dörfern der Vogtei dagegen nicht.[2]

1815 fiel die Ernte – abgesehen von Kartoffeln – noch viel schlechter aus. Das Amt rechnete damit, dass bis zur nächsten Ernte in der Vogtei etwa 380 Malter[3] Roggen, 32 Malter Gerste, 256 Malter Hafer und 120 Malter Buchweizen fehlen werden.[4]

1816 – das „Jahr ohne Sommer“. Den Dorfbewohnern blieb infolge von Missernten kaum genug für den Eigenbedarf. So konnten sie trotz hochschnellender Getreidepreise nichts in die Städte verkaufen. Es kam zu einer allgemeinen Versorgungskrise und in Hannover zu einer Hungersnot.

1817 musste das Amt Neustadt berichten, dass die Roggenernte in der Vogtei Basse nur ein Drittel einer mittelmäßigen Ernte betrug. Der Roggen stand „sehr dünn“, war „mit viel Viehfutter vermischt“ und die Ähren gaben bei weitem „den gehofften Ausfall an reinen Körnern nicht“. Die 2.260 Einwohner der Vogtei benötigten jährlich 3.013 Malter Roggen (etwa 272 t). Hinzu kamen 337 Malter für vier Branntweinblasen und 843 Malter, die als Saatgut aufgehoben werden mussten. Da nur 1.193 Malter geerntet wurden, fehlten etwa sage und schreibe 3.000 Malter. Dieses verheerende Defizit war anders als bei den  Missernten vorangegangener Jahrhunderte etwas erträglicher, weil man inzwischen auch Kartoffeln anbaute. Und diese standen „ziemlich gut“ und versprachen eine „einträgliche Ernte“.[5]

1819 hatten sich die Verhältnisse wieder normalisiert: Nur die Haferernte war schlecht ausgefallen. In Frielingen war auch die Kartoffelernte infolge Trockenheit schlecht ausgefallen. Die Erträge von Roggen und Buchweizen waren dagegen gut, von Heu und Hafer immerhin mittelmäßig gut.[6]

Im Revolutionsjahr 1848 gab es in den zehn Dörfern der Vogtei Basse eine qualitativ gute Ernte bei allerdings zum Teil nur mittelmäßigen Erträgen. Inzwischen wurde auch Weizen angebaut, daneben Roggen, Gerste, Hafer, Buchweizen, Klee, Bohnen, Erbsen und Kartoffeln. Letztere litten jedoch teilweise unter der Kartoffelkrankheit. 1849 wurde darüber geklagt, dass die Kartoffeln „wenig schmackhaft“ seien und „ungewöhnlich lange gekochen werden“ müssten.[7]

Die gesamte Chronik 

 


[1] Vgl. Christoph Dipper: Deutsche Geschichte 1648–1789. Frankfurt am Main 1991, S. 10 ff.

[2] Vogtei Basse an Amt Neustadt, Sept. 1814,  HStA Hann., Hannover 74 Neustadt, Nr. 1680.

[3] Malter ist ein Hohlmaß.  1 Malter Roggen entspricht 6 Himpten, 1 Himpten etwa 20 Kilogramm

[4] Bericht Amt Neustadt an Regierungs-Kommission, 1.11.1815,  HStA Hann., Hannover 74 Neustadt, Nr. 1680.

[5] Bericht Vogtei Basse an Amt Neustadt, 9.8.1817,  HStA Hann., Hannover 74 Neustadt, Nr. 1681.

[6] Bericht Vogtei Basse an Amt Neustadt, 12.9.1819,  HStA Hann., Hannover 74 Neustadt, Nr. 1681.

[7] Ernteberichte 1848/49, HStA Hann., Hannover 74 Neustadt, Nr. 1683.