Frielingen und der Dreißigjährige Krieg

Erste Viehzählungen, auf die wir zurückgreifen können, stammen von 1639, also genau aus der Zeit des tobenden Dreißigjährigen Krieges[1]. Von 1618 bis zum Friedensschluß 1648 tobte der Krieg in Europa mit wechselnden Fronten. Auch wenn nicht überall und nicht durchgehend: Verwüstungen von Feldern und Zerstörungen von Gebäuden, Hunger und Seuchen, Schikane und Mord von Menschen, Einquartierungen von Truppen, „Versorgung“ in der Nähe lagernder Truppen, erhöhten Steuern und Abgaben und Plünderungen setzten den Menschen zu.

Besonders von 1625 bis 1629 war auch der Raum Garbsen von den Kampfhandlungen betroffen gewesen.[2] So hatte General Tilly im Jahre 1626 das Schloss Landestrost in Neustadt belagert und lange dort gehaust. Seine Soldaten verschonten das Umland nicht und die Frielinger Bauern werden manches Pferd und manche Kuh an sie verloren haben. Ostern 1626 quartierte sich der Oberwachtmeister von Würzburg auf seinem Marsch nach Stade mit 1.500 Mann im Amt Ricklingen ein. Im Sommer lagen dann „die Plarreschen“ in Frielingen und überwinterten hier auch. Sie hatten zwar den Auftrag, die Bevölkerung vor Plünderern und Marodeuren zu schützen, mussten aber ihrerseits von den Dorfbewohnern verpflegt und entlohnt werden.

Hinzu kam die Pest. Sie brach beispielsweise 1627 in Empede und 1636 in Basse aus. Im Winter 1625/26 strömten viele Flüchtlinge nach Hannover, bis zu 100 Menschen sollen dort in manchen Häusern gelebt haben, wurde berichtet.

In der Beschreibung des Amtes Neustadt aus dem Jahre 1636 erhalten wir ein Bild des Dorfes Frielingen[3]. 1636 hatte die Bevölkerung die schwersten Bedrückungen des Krieges überstanden, weil die kaiserliche Besatzung abgezogen war. Dennoch blieben Kontributionen Einquartierungen und Truppendurchmärsche eine Belastung.

 

Frielingk, gehören alle ans Ambt, aber die Dienste sein denen von Campen zum Poggenhagen versetzet

Volle Meyers

Tönnies Muller, im Stande

Halbspenner

Henrich Dudensing, im Stande, ist für diesem ein Vollmejer gewesen, aber die ander Helffte Land liegt wüst

Lüdeke Heinemann, gering und alles verschüldet

Gercke Wedekindt, gering, in tiefen Schulden

Große Köters

Tonnies Meyer, gering

Erich Groesse, halb in esse[4]

Andreas Höfer, halb in esse

Statz Bekedorf, ganz wüste

Dietrich Grote, wüste und betlen

Gercke Overhoy, wüste und betlen

Hermann Fuhrmann, ein Taglöhner, der Acker wüste

Lüdeke Langkrehder, im halben Stande

Kleine Köters

Hermann Dircking, pauper[5] und verschuldet,

Hieronymus Meier, im geringen Stande,

Berndt Schuchman, verarmet,

Cordt Simers, ganz wüste,

Cordt Mothich, im Stande

Henrich Pordey, gar arm,

Hans Rheback, ganz wüste,

Hans Simer, in halbem Stande

Hans Deters, ganz wüste,

Bencke Ghodings, ganz wüste,

Hanß Nebel, im Stande,

Hans Klein, in halbem esse.

Curdt Hanebutt ganz wüste

Jobst Bekedorff, verarmet,

Hermann Höfer, verarmet,

Christoff Wedekindt, in esse.

Dennoch befanden sich 1639 in den Ställen der 28 Bauern im Dorf wieder 14 Pferde, 23 Ochsen und 80 Kühe. Danach besaß jeder Hofbesitzer wenigstens zwei Kühe, die meisten hatten jedoch auch drei oder vier, und zwei Bauern sogar fünf Kühe im Stall stehen bzw. zum Weiden auf der Gemeinheitsfläche. Der einzige zu dieser Zeit noch intakte Meier hielt stolze acht Kühe. Die Ochsen und Pferde dienten als Spannvieh vor Pflug und Wagen. Nicht bespannt waren 10 der Frielinger Bauern. Brauchten sie Zugvieh für ihre Arbeit, mussten sie die Hilfe der anderen in Anspruch genommen haben.

1640/41 folgte wieder eine schwere Zeit, als sich ein großer schwedischer Heerhaufen mit seinem Tross in unserer Gegend aufhielt. So waren die für 1639 dokumentierten Viehzahlen schon bald überholt.

Am Ende des Krieges konnten die meisten Höfe im Amt Ricklingen ihre Steuern noch bezahlen. Aber sie waren an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt. Etwa ein Zehntel der Höfe war wüst, also unbesetzt. Ihr Land wurde aber in der Regel von den anderen Höfen aus mitbewirtschaftet. Da sich die Steuerbelastung nach der Hofklasse richtete, lasteten auf den Meierhöfen die größten Steuerlasten. Deswegen bevorzugte die Landesherrschaft insbesondere kleinere Stellen, als sie nach dem Krieg die wüsten Höfe wiederbesetzte - während ausgerechnet viele größere Höfe noch lange wüst lagen.

1668 waren im Amt Ricklingen immer noch 11 von 264 Hofstellen unbesetzt. Spätestens 1700 gab es im Gebiet des heutigen Garbsen keine wüsten Stellen mehr, und auch der Viehbestand scheint sich bereits bald nach Kriegsende wieder vollständig erholt zu haben.[6] 

 

Material

Archivalien

NLA, NLA HA, Hann. 88 A Nr. 4967

Gedruckte Quellen

Heike Palm, Die Register des alten Amts Neustadt am Rübenberge. Mittelalterliche Vogteiregister und andere bevölkerungsgeschichtliche Quellen des 16. – 18. Jahrhunderts, Hannover 2003 (= Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens, Bd. 115), S. 142f.

Literatur

Hans Ehlich: Richters Sprüche, Müllers Mühlen und Schiffer auf der Leine. Neues aus der Geschichte Garbsens, Schriftenreihe zur Stadtgeschichte, Heft 7, Garbsen 1995

Online-Veröffentlichungen

https://de.wikipedia.org/wiki/Drei%C3%9Figj%C3%A4hriger_Krieg

 


[2] Vgl. Ehlich, Hans: Richters Sprüche, Müllers Mühlen und Schiffer auf der Leine. Neues aus der Geschichte Garbsens. Schriftenreihe zur Stadtgeschichte, Heft 7. Garbsen 1995, S. 24-33.

[3] NLA, NLA HA, Hann. 88 A Nr. 4967, abgedruckt in Heike Palm, Die Register des alten Amts Neustadt am Rübenberge. Mittelalterliche Vogteiregister und andere bevölkerungsgeschichtliche Quellen des 16. – 18. Jahrhunderts, Hannover 2003 (= Quellen und Darstellungen zur Geschichte Niedersachsens, Bd. 115), S. 142f.

[4] = in Stand

[5] = arm, verarmt

[6] Ebd., S. 31 ff.