Dort wo heute der Verkehrskreisel die Bordenauer und die Horster Straße verbindet, öffnete sich bis vor wenigen Jahren der Blick in die Landschaft bis hinüber zum Enseburgweg. Gegenwärtig läuft das Baugebiet Klüterfeld voll, wie die Stadtplaner sagen. Mitten in der Kurve lag historisch die Hofstelle Frielingen Nr. 8

 

Belegt seit 1584

Die Quellenlage für die Rekonstruktion der Geschicke dieses Hofes ist so günstig, dass die Hofeigentümerfolge ebenfalls bis 1584 zurückverfolgt werden kann.

Cersten Grote wurde 1584 anlässlich der Erbhuldigung für Herzog Julius I. genannt. Er wurde unter den Großkötnern geführt und zahlte nur den Hofzins von 7 1/2 Gulden. Die Ackerländereien besaß er als Erbland und damit abgabenfrei, Wiesen- oder Rottland hatte er noch nicht. Erst 1599 wurde gesagt, dass ihm eine Wiese im Ricklingschen gehöre, die ihm zwei Fuder Heu pro Jahr eintrug. Grote war 1559 geboren. Über seine Familienangehörigen ist nichts mehr zu ermitteln. Seine Vorgänger auf dem Hof müssen zu den frühen Siedlern im Ort gezählt werden, denen es noch möglich war, ihre Hofstelle dicht bei den Meierhöfen anzulegen.

Nach Cersten kam Erich Grote auf den Hof und trat zwischen 1620 und 1636 das Erbe an. Er hatte statt des Zahnten jährlich ein fettes Schwein an das Amt in Neustadt zu liefern. Während des Sommers musste er zwei Tage in jeder Woche für den Landesherrn Frondienste tun, im Winter nur in jeder zweiten Woche. Bewaffnet war Grote mit einer Hellebarde und einem Degen. Er konnte seinen Hof während der Kriegswirren um Schloß Landestrost einigermaßen halten. Nach der Zustandsbeschreibung von 1636 war er „halb im Stande“. Drei Jahre später gehörten ihm 12 Morgen Land. Die Abgaben musste auch er in diesen Jahren an die von Campen entrichten, denn die Landesherrschaft war durch den Krieg in die Schuld dieser adligen Familie geraten. Erich soll zwei Pferde, einen Ochsen und fünf Kühe besessen haben.

In den nun folgenden 20 Jahren trat ein weiterer Eigentümerwechsel ein. Frühestens ab 1659 war Ernst Bolmeier auf dem Hof, verheiratet mit Margarethe Steinwarts. Sie hatten eine Tochter namens Anna. In einer zweiten Ehe war Bolmeier vermutlich mit Margreta Höfers verheiratet.

Aus welchen Gründen der Hof verkleinert wurde, geht aus den Unterlagen des Hauptstaatsarchivs nicht hervor. Jedenfalls wurden 1661 nur acht Morgen Land bewirtschaftet. Aus den anderen Hofgeschichten ist ersichtlich, dass das Auf und Ab in dem Umfang der Ländereien, die ein Bauer bestellte, im 17. Jahrhundert kein Einzelfall war und seine Ursache im Wüstfallen von Äckern, Verpfändungen unter den Bauern usw. gehabt haben dürfte.

Bolmeiers gehörten ein Pferd, ein Fohlen, fünf Kühe, ein Rind und drei Schweine. Ernst Bolmeier gab seinen Hof um 1670 an die Tochter Ilsabe ab, die sich mit Heinrich Rebock verheiratet hatte. Rebock starb nach 6-jähriger Ehe. Die Witwe heiratete im Jahre 1677 Johann Nebell. Mit ihm bekam sie die Kinder Elisabeth (geb. 1677), Hans-Heinrich (geb. 1678), Jürgen Ludwig (geb. 1680) und Johann Philipp (geb. 1686). Zwischen 1689 und 1695 starb auch Johann Nebell und der Hof ging 1695 an Ludeke Schmidt, der die Tochter von Nebell geheiratet hatte. Die Mutter, Ilsabe Bolmeier, Johann Nebells Witwe, heiratete am 23. Mai 1700 in dritter Ehe Heinrich Kahle.

Wahrscheinlich ging aus Ludekes Ehe mit Elisabeth kein Sohn hervor, der nach altem Erbrecht den Hof hätte übernehmen können.

Die Ära Paulmann beginnt

Nach den Horster Kirchenbüchern heiratete am 19. Oktober 1722 ein Johann Heinrich Paulmann, vermutlich aus Horst stammend, Cathrina Maria Schmedts aus Frielingen. Auch hier gilt, dass die Kirchenbücher bis 1749 nur sehr ungenaue Angaben zur Herkunft und Abstammung der Personen machten und es daher leider auch hier einen kleinen Rest Ungewissheit über die genaue Erbfolge gibt. Anzunehmen ist jedoch, dass es sich bei Cathrina Maria um eine von Ludekes Töchtern handelte, zu der Paulmann auf den Hof heiratete. Von diesem Zeitpunkt an wurde jedenfalls auch eine Familie Paulmann oder Pohlmann unter den Frielinger Einwohnern geführt. Ab 1760 gibt es Nachweise dafür, dass dieser Hof in ihrem Eigentum stand. Zu diesem Zeitpunkt fand eine Befragung im Auftrag des in England weilenden Königs Georg statt, der wissen wollte, wie viele Söhne und Knechte der Bauern im Krieg gegen Frankreich schon ihr Leben lassen mussten. Dieses aufgestellte Verzeichnis erwähnt auch Paulmanns. Von den ehemals vier zur Familie gehörenden Söhnen haben nur zwei den Krieg überlebt. Das Land konnte zwar mit 24 Morgen in unverändertem Umfang bestellt werden, obwohl der Krieg noch tobte, doch mussten Paulmanns ein Pferd und drei Kühe zur Verfügung stellen.

Sohn Johann Wilhelm Pohlmann trat vor 1766 das elterliche Erbe an. Seit dem 20. November 1760 war er mit Ilse Marie Öhlschläger, der Tochter des gerade verstorbenen Großkötners Johann Heinrich Öhlschläger von einem Hof in Meyenfeld, verheiratet. Sein Bruder Johann Hinrich ehelichte im November 1763 eine Tochter von Johann Hinrich Mehring.

Bis ca. 1786 war Johann Wilhelm, nun Vater von einer Tochter und vier Söhnen, auf seinem Hof tätig. Außer zwei Pferden hatte er noch sechs Kühe und ein Schwein, die von Dorfhirten auf die Weide getrieben wurden. Pohlmanns nannten zudem sieben Schafe ihr eigen. Nach Johann Wilhelms Rückzug auf das Altenteil übernahm sein Sohn Johann Hinrich Pohlmann das Anwesen. Der Vater starb kurz darauf. Die Mutter heiratete wieder, und zwar Johann Gerhard Wille aus Beckedorf bei Rodenberg.

Johann Hinrich hatte sich mit Sophie Öhlschläger verheiratet. Die Ehe der beiden blieb kinderlos und man entschloss sich 1835, den Hof dem Neffen Johann Heinrich Pohlmann zu übertragen. Dieser war der Sohn vom Häusling Christian Pohlmann und gerade 27 Jahre alt. Er hatte Christine Mehring vom Anbauern Johann Heinrich Mehring von der Stelle Nr. 36 geheiratet und zog also als Großkötner auf den Hof des Onkels. Zu Lebzeiten der alten Paulmanns blieb der Hof in deren Eigentum. Die seit 30 Jahren beschäftigte Magd Dorothea Arkenberg (geb. 1788) erhielt ein Altenteil auf dem Hof als Dank für ihre treuen Dienste. Das alles wurde in einem Vertrag vom 23. September 1835 geregelt. Ab 1836 wurde der Name übrigens durchweg mit Paulmann angegeben.

Wie sich weiter rekonstruieren ließ, haben die jungen Leute vier Kinder bekommen. Ehefrau Christine verstarb um 1853. Es ist nicht ganz klar, ob Paulmann in zweiter Ehe seine Schwägerin Sophie Mehring geheiratet hat, doch gibt es Hinweise, die für diese Annahme sprechen. In einer dritten Ehe soll er mit Dorothea Bohle aus Frielingen verheiratet gewesen sein.

Bei der Gemeinheitsteilung im Jahre 1829 hatten Paulmanns gut 58 Morgen Land hinzubekommen, so dass nun insgesamt knapp 30 Hektar zu bewirtschaften waren. Nach einer aufgestellten Statistik aus 1869 verteilte sich diese Fläche wie folgt: 4,7 Hektar Wiesen, 14 Hektar Weiden, 9,5 Hektar Acker, knapp 1 Hektar Garten.

Heinrich Hoppe kommt 1872 auf den Hof

1872 kam Heinrich Hoppe auf den Hof. Er war seit dem 19. Juli 1872 mit Dorothea Paulmann (geb. 20. März 1840) verheiratet. lhr Bruder Heinrich August (geb. 30. Dezember 1853), bisher wie sie auf dem Hof der Eltern beschäftigt, verstarb früh und konnte so den Hof nicht erben. Hoppe war Koppelknecht gewesen und stammte aus Herrenhausen. Später soll er als Nachtwächter auf dem königlichen Hof gearbeitet haben. Seine Eltern waren Christian Hoppe und Dorothea Nordmeier. Heinrich Hoppes Sohn, Heinrich geheißen, hat Alma Nordmeier geheiratet und den Hof 1904 von den Eltern geerbt. Die Familie soll übrigens nicht in Frielingen selber gewohnt haben, sondern in Herrenhausen.

Am 8. Januar 1912 brannten das alte Wohnhaus sowie die Scheune und der Stall ab. Man hatte bereits in der Nacht zuvor Brandgeruch gemerkt, aber nichts feststellen können. Offenbar gab es auf dem Dachboden einen leichten Schwelbrand, der dann am Mittag des folgenden Tages offen ausbrach. Überhitzungen der Schornsteine waren immer eine große Gefahr für die leicht brennbaren Dachbedeckungen. Von dem Fachwerkhaus blieb nichts stehen, ebenso wenig von der schon massiv gebauten Scheune nebenan. 108 Feuerwehrleute aus Frielingen, Horst, Bordenau, Osterwald und Meyenfeld hatten sich vergeblich gemüht, die Zerstörung zu verhindern.

Die Familie Hoppe hat etwa 1920 ein neues Gebäude im Stil des so genannten Zwerchgiebelhauses errichtet und ist wieder nach Frielingen gezogen. 1933 wurde der Großkötnerhof – nach Erbverzicht der Tochter Martha – entsprechend des Höfegesetzes an den Sohn Heinrich (geb. 23. Juli 1904) vererbt unter Berücksichtigung des anteiligen Erbes seiner Schwester Martha. Martha Hoppe war nach ihrer Hochzeit mit Fritz Kolze im Jahr 1925 auf dessen Hof Nr. 14 gezogen.

Heinrich Hoppe war verheiratet mit Elise Peik aus Gleidingen. Er verstarb im Zweiten Weltkrieg in jugoslawischer Kriegsgefangenschaft.[1] Frau Elise und Sohn Heinz bewirtschafteten den Hof weiter. In den 1960er-Jahren, der Zeit, in der Frielingen seinen größten Einwohnerzuwachs verzeichnete, wurde ein Teil des Hoppeschen Landes für Bebauungszwecke in Anspruch genommen. Sohn Heinz verstarb 1974. Tochter Helga heiratete Friedrich-Wilhelm Kruse aus Bordenau und zog dorthin. Die meisten verbliebenen Ländereien wurde an Frielinger Landwirte verpachtet. Das Stück Moorland im Naturschutzgebiet „Otternhagener Moor“ blieb unberührt liegen.

Nur eine Scheune blieb

Auch der alte Hausplatz, vor dem Hof Öhlschläger an der Ecke der Horster/Bordenauer/Bürgermeister-Wehrmann-Straße gelegen, blieb seit dem Brand 1912 mit Ausnahme der mächtigen Scheune, an deren Inschrift ein Teil der Hofgeschichte noch heute in eisernen Buchstaben zu lesen ist, leer.

Die meisten der jetzt noch zum Hof gehörenden Ländereien besitzt der Sohn Joachim Kruse. Er ist verheiratet mit Gabriele geb. Klünder und hat zwei Kinder, Tochter Lisa und Sohn Joern. Das alte Zwerchgiebelhaus erwarben Anfang der 1980er-Jahre die Familien Tegtmeier. In den Jahren danach wurde das Haus umgebaut und modernisiert. Auch wurde etwas Land dazugekauft. Seit 1996 befindet sich eine Hausschlachterei mit Partyservice in dem Gebäude.

 

Material

Chronik 1985, S. 148ff.

Chronik 2001, S. 289ff.

 

Bilder

www.geolife.de (LGN)

www.openstreetmap.org

 


[1] Sein Tod ist wie folgt registriert worden: “Gestorben Heinrich Hoppe, Frielingen, Obergefreiter, geb. 23.7.1904 Frielingen, 8.10.1945 im Lazarett in Celje bei Osijek/Jugoslawien gestorben, verspätet erfahren, Trauerfeier 20.4.1947 in Horst, liegt Domobranenfriedhof XII 19.“ Celije ist eine Siedlung 12 km südöstlich von Osijek“, nahe der Ostgrenze Kroatiens.