Ein Heirats- und Erbvertrag aus dem Jahre 1863

Der Vertrag fällt in eine schwierige Phase der Hofgeschichte Nr. 16, die erkärt werden muss. Im Jahre 1822 hatte Johann Heinrich Feesche die Stellen 16 und 30 gekauft.Vor März 1830 war der Lehrersohn Heinrich Sommer auf der Stelle. Er war aber nur Interimswirt, weil Johann Heinrich Feesche  gestorben und Sommer die Witwe Feesche geheiratet hatte. Als die Kinder Heinrich und Friedrich Feesche volljährig wurden, erbte Heinrich den Hof.

Heinrich Feesche trat aber in den Polizeidienst ein und ging nach Einbeck. Er setzte seinen Stiefvater Heinrich Sommer als Verwalter ein.

Heinrich Sommers Tochter Doris Sommer, geb. 17.12.1842, war von Kindheit an mit dem Hof vertraut. Als sie im September 1863 heiratete, verkaufte der Wachtmeister Heinrich Feesche ihr und ihrem Bräutigam Wilhelm Hasselbrink aus Empede.

Friedrich Feesche bekam die Brinksitzerstelle Frielingen Nr. 30.

 

Geschehen

Königliches Amtsgericht Neustadt a. Rbge.

Abteilung 2, den 22. September 1863

Gegenwärtig: Herr Amtsrichter Chappuzeau, Actuar Ebell

 

Vor Königlichem Amtsgerichte erschienen freiwillig:

1.) Der Gendarmerie-Wachtmeister Heinrich Feesche von Frielingen, jetzt in Einbeck, als Verkäufer

2.) der minderjährige Wilhelm Hasselbrink aus Empede, im Beistand seines Vormundes Anbauer Dietrich Stünkel Nr. 27 in Basse, als Käufer und Bräutigam

3.) Der Einwohner Heinrich Sommer aus Frielingen, früher Interimswirth auf der Stelle Nr. 16 daselbst und jetzt Verwalter auf derselben,

4.) die unverehelichte Doris Sommer, diese im Beisein ihres unter 3.) genannten Vaters, als Braut

5.) der Stiefsohn des gen. Sommer, Brinksitzer Friedrich Feesche aus Frielingen Nr. 30,

und trugen vor, wie sie folgenden Kauf- und Erbvertrag miteinander geschlossen haben:

§ 1

Der Wachtmeister Feesche verkaufte seine zu Frielingen Nr. 16 belegene gutsherrenfreie Kleinkötnerstelle nebst sämtlichen Zubehörungen, Rechten und Gerechtsame und Lasten, jedoch schulden- und abfindungsfrei dem Mitcomparanten Hasselbrink für die Summe von 2 700 Thaler Courant. Dabei wird bemerkt, dass diese Stelle bis jetzt durch den Mitcomparanten Sommer verwaltet worden, und diesem das sämtliche auf der Stelle vorhandene Inventar wie die eingeernteten und ausstehenden Früchte als Eigenthum gehören.

§ 2

Die Stelle wird dem Käufer unter Zustimmung des gen. Sommer hiermit sofort zur kurzen Hand übergeben. Das Kaufgeld wird in der Art beigebracht, dass Ostern 1864 = 2 000 Thaler bezahlt werden, die übrigen 700 Thaler dagegen als ein zu 4 % verzinsliches Darlehen beim Käufer bis zu einer beiden Theilen freistehenden Halbjährigen Kündigung stehen bleibt. Das ganze Kaufgeld wird von Michaelis 1863 an mit 4 % verzinst.

§ 3

Der Verkäufer überträgt dem Käufer das Eigenthum dieser Stelle von heute an und verspricht ihm, gegen jedermanns Ansprüche Friction zu leisten.

§ 4

Die Lasten der Stelle gehen auf den Käufer von heute an über und eben so auch die Rechte und Gerechtigkeiten.

§ 5

Beide Theile entsagen allen Einreden gegen diesen Contract, namentlich der Einrede der Verletzung über oder unter der Hälfte.

Vorgelesen und genehmigt trugen die Brautleute vor, wie sie folgenden Ehe- und Erbvertrag miteinander verabredet hätten:

§ 6

Die Brautleute haben mit Zustimmung des Vormundes des Bräutigams und des Vaters der Braut sich mit einander verlobt und wollen die Ehe nächstens durch priesterliche Trauung vollziehen lassen.

§ 7

Die Braut heiratet zum Bräutigam auf die von demselben angekaufte Stelle Nr. 16 in Frielingen und bringt demselben ihr ganzes Vermögen als Brautschatz zu.

Zu dieser Beziehung bemerkt der Brautvater folgendes:

Das auf der von meinem Stiefsohn Feesche, dem Bräutigam Hasselbrink verkauften Stelle befindliche Inventar, wie die vorhandenen Früchte und die Michaelis d. J. fällig werdenden Pachtgelder im Betrage von 79 Thalern und einigen Groschen ist mein Eigenthum. Alles dieses verschreibe ich meiner Tochter als Brautschatz, welcher am Hochzeitsmorgen zu liefern ist. Außerdem gebe ich derselben als Brautschatz die andere Hälfte von drei Wiesen, welche ich laut Kaufcontract vom 11. August 1836 mit Friedrich Finke, Heinrich Bohle und Frdr. Bullerdieck zu Frielingen von dem Justizrath Langwerth von Simmern als gemeinschaftliches Eigenthum angekauft habe und wovon ich die eine Hälfte mittels Kaufcontract vom 11. Juni 1861 meinem Stiefsohn Friedrich Feesche zu Frielingen verkauft habe. Das Eigenthum und der Besitz dieser Wiese solle damit sofort auf die Braut und den Bräutigam übertragen werden. Dabei wird jedoch folgendes von mir ausbedungen: Die Brautleute übernehmen als eigene Schuld meine Verpflichtung; meiner Tochter, der Ehefrau des Brinksitzers Chr. Mühlenbrink in Garbsen, Louise geborene Sommer bis Ostern 1864 den Rest der versprochenen Abfindung von 150 Rth. Courant zu zahlen und mir die in den folgenden § bemerkte Leibzucht Zeit Lebens zu verabreichen.

Mein Sohn Wilhelm Sommer hat seine Abfindung noch nicht erhalten, soll solche aber nur von mir zu fordern haben und will ich solche mit 200 Rth. bestreiten, welche im Jahre 1868 von der Capitalversicherungsanstalt in Hannover gezahlt werden müssen. Meine übrigen Kinder sind vollständig von mir abgefunden und bestimme ich ausdrücklich, dass Wilhelm von diesem der Braut verschriebenen Vermögen nichts haben soll.

§ 8

Der Vater der Braut erhält von den jungen Leuten folgende Leibzucht:

A, wenn er mit den jungen Leuten einen Haushalt führt, erhält derselbe vollständige freie Alimentation in weitestem Sinne des Wortes, und jährlich 12 Reichsthaler Handpfennig, in vierteljährlichen Raten zu zahlen.

B, wenn derselbe seinen eigenen Haushalt führet:

1.) Die kleine Stube nebst daran belegener Kammer und den nöthigen und passenden Raum zur Lagerung seiner Kartoffeln;

2.) Jährlich 2 Malter reinen Rocken;

3.) Desgleichen 1 Himten Weizen;

4.) Desgleichen 1 Himten Buchweizen;

5.) Desgleichen 3 Malter Kartoffeln;

6.) Das obere Ende des Stück Gartenlandes am Anger belegen, und den dazu erforderlichen Dünger;

7.) Jährlich ein fettes Schwein, mindestens 100 Pfund schwer;

8.) Wöchentlich ein Pfund Butter und täglich ½ Kanne süße Milch;

9.) Jährlich ein Schock Hühnereier, halb Michaelis, halb Ostern;

10.) Die erforderlichen Kleidungsstücke, wie Schuhwerk;

11.) Die Benutzung eines vollständigen Bettes nebst Bettstelle;

12.) Die erforderliche Feuerung, von der des Hofwirths zu nehmen;

13.) Die Benutzung eines Koffers und den erforderlichen Platz im Kleiderschrank;

14.) Die Mitbenutzung des Haus- und Küchengeschirrs;

15.) Die nöthige reine Wäsche;

16.) 5 Reichsthaler Taschengeld.

Wenn der Altentheiler an einem anderen Orte die Leibzucht verzehren will, muß der Wirth auf eine Entfernung unter 2 Stunden die Prästationen unentgeltlich ihm zuführen, oder aber nach Wahl des Altentheilers mit baren Gelde den ortsüblichen Preis vergüthen.

§ 9

Der Braut-Vater und Friedrich Feesche kommen schließlich mit Zustimmung des Käufers und Bräutigams dahin überein, dass die eine Kuh des Sommer, welche nach dem Tode desselben an die Stelle des Fritz Feesche zurückfallen würde, schon Martini d. J. dem Feeschen in natura oder mit 28 Reichsthalern nach Wahl des Bräutigams verabfolgt werden soll, sowie, dass der Sommer für die Folgezeit auf den Altentheil Verzicht leistet, welcher ihm von der Stelle des Fritz Feesche geliefert werden muß.

Schließlich verspricht der Bräutigam dem Friedrich Feesche einen Weg über die Eichriede-Koppel und zwar am Graben zwischen Wiese und Koppel in der Breite von einer Ruthe auf seinen Grund und Boden zu gestatten, welcher jedoch nur zum Fahren und Viehtreiben benutzt werden darf.

Der Bräutigam ist allein im übrigen zur Benutzung dieses Weges berechtigt, welchen erforderlichenfalls Feesche allein in Bau und Besserung unterhalten soll.

§ 10

Die Braut acceptierte dankbarlich diese Erklärung ihres Vaters, verschreibt ihrem Bräutigam dieses Vermögen als Brautschatz und verspricht, die gestellten Bedingungen treulich zu erfüllen.

§ 11

Für den kinderlosen Todesfall einer der angehenden Brautleute wird die Regel „längst Leib, längst Gut“ festgesetzt und verzichtet der Brautvater ausdrücklich auf das ihm am Vermögen der Braut zustehende Pflichttheils- und Miterbenrecht.

Vorgelesen, genehmigt baten Comparanten um obervormundschaftliche Genehmigung und der Verkäufer wie Käufer um beglaubigte Ausfertigungen.

Beglaubigt

Chappuzeau         Ebell

 

Vorstehendes Protocoll wird in einer dem Originale gleichlautenden Abschrift für Hasselbrink als Kauf-, Ehe- und Erbvertrag mit dem Bescheide ausgefertigt, dass die obervormundschaftliche Genehmigung zu diesen Vereinbarungen damit ertheilt wird, da von sämmtlichen Comparanten anerkannt ist, dass die Stelle Nr. 16 in Frielingen wohl einen Wert von 3000 Reichstalern Gold habe, und der Kaufpreis nur in Voraussetzung der Verheiratung mit der Braut heruntergesetzt worden sei. Das Original soll dem Contractbuche einverleibt werden.

Neustadt, den 23. September 1863

 

 

Material:

Frielingen. Ein Dorf verändert sich. 1351-2001, hg. im Auftrag des Arbeitskreises Dorfchronik Frielingen von Norbert Görth, Bielefeld 2001, S. 308, 338 u. 364ff